Das Waldorfkinderhaus Baierbrunn gibt es bereits seit 25 Jahren. Es wurde von engagierten Eltern und Waldorf-Erzieherinnen als Waldorfkindergarten gegründet.

Wie aber kam es dazu? Und wie hat sich der Kindergarten in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelt?

Der Anfang 1992: Ein Haus sucht eine Initiative

Viele Kindergärten in freier Trägerschaft entstehen, indem eine Elterninitiative ein Haus zur Verwirklichung ihrer Idee sucht. Bei unserem Kindergarten hat am Anfang sozusagen ein Haus eine Initiative gesucht.

Im Februar 1992 hatte sich in Solln eine kleine private Waldorfspielgruppe gegründet. Da kam überraschend ein Angebot von Baierbrunns Bürgermeisterin Christine Kammermeier: Ein Professor aus Buchenhain, Fritz Schweinsberg, würde das Haus seiner verstorbenen Eltern mit der früheren Buchenhainer Drogerie für einen sozialen Zweck zur Verfügung stellen (siehe Foto).

Schon nach dem ersten Besuch in Buchenhain stand der Entschluss fest: Hier wollen wir einen Waldorfkindergarten gründen! Dieses liebe alte Haus und der große, verwunschene Garten mit all seinen geheimen Ecken und Verstecken schien geradezu auf eine Schar Kinder zu warten. Die Bürgermeisterin war begeistert von dem Projekt. Noch im selben Monat fand im Sport- und Bürgerzentrum Baierbrunn ein Informationsabend statt, der auf sehr großes Interesse stieß. In Kürze waren 15 Kinder angemeldet und der Kindergartenbeginn für Herbst geplant.

Die ersten sieben Kinder bringen Leben in das Haus

Dann kam es aber zu einer Verzögerung: Der Mietvertrag konnte nicht abgeschlossen werden, alles weitere für den Betrieb des Kindergartens hing aber davon ab – darum musste für ein Jahr eine Zwischenlösung herhalten. In dieser unsicheren Situation blieben sechs Familien; allerdings brachten die neu hinzugekommenen Mütter aus Baierbrunn und Schäftlarn viel Tatkraft mit. Die war auch nötig: Den Sommer über wurde das Haus entrümpelt und der ehemalige Verkaufsraum in einen provisorischen, aber gemütlichen Gruppenraum verwandelt. Ab Oktober 1992 brachten sieben Kinder erstes Leben hinein und zeigten, wie wohl sie sich hier fühlten.

Neben den ersten Renovierungsarbeiten war Einarbeitung in Gebiete erforderlich, die für junge Mütter zunächst einmal fremd sind: Vereins- und Vertragsrecht, Schaffen einer finanziellen Grundlage, Verhandlungen mit Behörden etc. – da war wirklich Ausdauer und Liebe zu der Idee gefragt, einen Kindergarten zu gründen. Ausdauer, die zwei Jahrzehnte später wieder gefragt ist, beim Umbau des Blasshofs in ein neues Zuhause für den Kindergarten.

Ein Verein wird gegründet, der den Kindergarten trägt

Im Januar 1993 gründeten die Eltern den „Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik Baierbrunn e.V.“ (der heute den Namen „Waldorfkindergarten Baierbrunn e.V.“ trägt). Der Abschluss des Mietvertrags rückte in greifbare Nähe. Die Behörden gaben grünes Licht und die Gemeinde Baierbrunn erklärte sich bereit, den Umbau zum anerkannten Kindergarten finanziell mitzutragen.

Es fehlte nur noch das „Herzstück“: eine Waldorfkindergärtnerin. Diese fand sich im Frühjahr 1993 ein und nahm die Herausforderung einer Neugründung mit großem persönlichem Einsatz an. Durch ihre starke Verbundenheit mit den Kindern und den Inhalten der Waldorfpädagogik gab sie dem Kindergarten Lebendigkeit und Wärme.

Väter und Mütter werden zu Architekten und Maurern

Diese Austrahlung zog rasch weitere Eltern an. Zusammen ging es jetzt mit voller Kraft daran, Haus und Garten kindergartengerecht auszustatten. Väter und Mütter als Architekten, Maurer, Maler, Gärtner, Schreiner, Kreditgeber, Spielzeughersteller und Saubermacher hatten alle Hände voll zu tun. Der ehemalige Laden, obwohl grundlegend renovierungsbedürftig, war groß genug für einen Gruppenraum.

Nach Hunderten von freiwilligen Arbeitsstunden war im September 1993 alles bewältigt. Die staatliche Anerkennung folgte prompt, und der Kindergartenbetrieb konnte starten. 19 Kinder hüpften vom ersten Tag an froh und munter durch Garten und Haus.

Ein Eigentümer, der sich überaus großzügig zeigt

Möglich war all dies nur, weil Professor Schweinsberg dem Kindergarten seinen „Schatz“, das liebe alte Haus, so großzügig überlassen hatte. Die Miete war von Anfang niedrig und blieb es die zwei Jahrzehnte auch. Natürlich liebäugelte manch ein Investor, der das große Grundstück gerne bebaut hätte. Doch Professor Schweinsberg blieb dabei: Das Haus sollte den Kindern gehören.

Für die Kinder war der „Herr Schweinsberg“ wie ein guter Freund, den sie ab und zu sahen, bei seinen Besuchen auf den Sommerfesten oder wenn er für ein paar Tage Urlaub machte in der kleinen Dachgeschosswohnung. Manchmal stiegen die Kinder dann die Treppe hinauf, um an der Türe zu klopfen und ihm ein Lied zu singen.

Der Kindergarten wächst – und braucht mehr Platz

Doch so schön das liebe alte Haus in Buchenhain auch war: Irgendwann wurde klar, dass der Waldorfkindergarten mit seinen mittlerweile 33 Kindern dort nicht mehr genug Platz hat. Denn immer mehr Familien interessierten sich für die Waldorfpädagogik, sie baten um Plätze für ihre Kinder. Immer häufiger wurde auch die Frage an uns herangetragen, ob denn der Kindergarten nicht länger geöffnet sein könnte, am besten bis zum Nachmittag.

Und so wurden vom Jahr 2009 an zunächst vorsichtig die Öffnungszeiten ausgeweitet; an drei Tagen in der Woche konnten die Kinder nun bis 15 Uhr bleiben. Dazu wurde in der ersten Etage des Hauses eine provisorische Schlafmöglichkeit mit zwölf Schlafplätzen geschaffen. Die Spielgruppe für die 2,5-3,5-Jährigen wurde nunmehr seit September 2013 von Montag bis Freitag angeboten statt wie bis dahin von Montag bis Donnerstag.

Die Erweiterungsversuche 2012: Eine Initiative sucht ein Haus

Wenig später begannen Vorstand und Erzieherinnen zu überlegen, wie ein neues, größeres Zuhause für den Kindergarten aussehen könnte. Eine erste Idee war, auf dem großen Grundstück in Buchenhain ein zweites Gebäude zu bauen. Doch dieser Plan ließ sich leider nicht realisieren. Deshalb begann die Suche nach einer anderen, etwas größeren Immobilie, damit auch mehr als zwölf Kinder bis 15 Uhr bleiben konnten. Diese Suche gestaltete sich nicht leicht, denn ein Kindergarten hat besondere Anforderungen und Bauvorschriften.

2015: Der Neubau

Umso mehr freut es uns, dass wir, durch die Unterstützung der Gemeinde Baierbrunn, auf das Grundstück in der Forststr.1a in Buchenhain ein Haus für unsere Kinder bauen durften – unser Waldorfkinderhaus! Die Bauarbeiten konnten bis Ende 2015 abgeschlossen werden, sodass wir Anfang 2016 im eigenen Haus den Betrieb aufgenommen haben.

Das Haus ist ein zweigeschossiges Null-Energie-Holzhaus, das sich durch minimale Betriebskosten und einen kleinen Überschuss beim Stromertrag auszeichnet. Die Bauausführung erfolgte unter Berücksichtigung ökologischer und nachhaltiger Gesichtspunkte, sodass ein Beitrag zur Erreichung der Klimaziele des Landkreises München geleistet wird.

Dank der hohen Akzeptanz unserer Einrichtung wurden viele Arbeiten von Freunden und Förderern als Spendenleistung erbracht. So konnte beispielsweise das Grundstück größtenteils unentgeltlich für den Bau vorbereitet werden. Nicht zu vergessen ist das große Engagement der Vereinsmitglieder und Eltern, die in ihrer Freizeit zusätzlich ehrenamtlich an dem Projekt mitwirkten.

Vielen Dank an alle Unterstützer des Kinderhauses, die Gemeinde und die Bürger von Baierbrunn, dass unser Kindergarten nach über zwei Jahrzehnten weiter bestehen bleiben kann!

2016: Unser eigenes Kinderhaus

Im Januar 2016 haben wir es geschafft! Wir haben unser eigenes Kinderhaus geschaffen, in dem sich die Kinder sehr wohlfühlen, und das die Eltern und Vereinsmitglieder mit großer Freude und Stolz erfüllt. Ab September 2016 erweiterten wir das Kinderhaus um eine Kleinkindgruppe mit Nachmittagsbetreuung, sodass wir auch kleinere Kinder ab 18 Monaten bis 15 Uhr betreuen können. Es gibt immer noch viel zu gestalten und zu tun und wir danken allen, die daran so tatkräftig mitwirken!